Surf Forecast lesen und verstehen - Erklärung anhand von Magicseaweed - landratten.org || Surfmagazin (2024)

Einen Surf Forecast zu verstehen ist für jeden Surfer eine essentielle Fähigkeit. Die richtige Interpretation hilft dir dabei zu entscheiden, wann du wo auf Wellen hoffen kannst und erspart dir unter Umständen viel sinnlose Fahrerei. Daher möchte ich in diesem Beitrag anhand der wohl am weitesten verbreiteten Seite magicseaweed.com kurz erläutern, wie du herausfindest, ob dein Spot gut laufen wird, oder ob du besser einen anderen aufsuchst.

Es gibt natürlich alternativen zu Magicseaweed, z.B. Windguru, oder die lokale Seite coastalwatch.com, die Vorhersagen nur für Australien gibt. Viele Surfer haben hier ihre Vorlieben und schwören auf bestimmte Seiten. Manchmal wird auch behauptet, dass die Magicseaweed Vorhersagen für eine bestimmte Region nichts taugen. Was die Kerndaten angeht, ähneln sich die Vorhersagen verschiedener Portale jedoch meistens stark. Was ich mit Kerndaten eines Surf-Forecsts meine und warum du den Rest eigentlich ignorieren kannst, werde ich gleich erläutern. Wie immer auf landratten.org verwende ich in diesem Artikel die englischen Fachbegriffe, weil die halbgaren deutschen Übersetzungen ohnehin niemand verwendet.

Inhaltsverzeichnis

Was ist ein Surf Forecast, Surf Report oder Swell Forecast?

Um vorzubeugen Leser zu verlieren, möchte ich zu Beginn noch einmal kurz erklären, was ein Surf Forecast überhaupt ist. Die oben genannten Begriffe Surf Report und Swell Forecast werden dabei häufig synonym verwendet. Alle beschreiben eine Vorhersage der Surf-Bedingungen an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Zeit. Für die Abschätzung der Bedingungen sind mehrere Faktoren notwendig, welche ich in diesem Beitrag beschreibe. Wie wir gleich sehen werden, ist der Begriff Swell Forecast nicht ganz passend für diesen Sachverhalt. Die im deutschen manchmal verwendete Übersetzung „Wellenvorhersage“ passt da schon besser. Anhand der Wellenvorhersage versuche ich vorauszusehen, wie die Wellen an einem bestimmten Spot tatsächlich brechen.

Exkurs: Swell – was bedeutet das?

Die wichtigsten der oben genannten Kerndaten betreffen den Swell (besser gesagt den Ground Swell). Aber was ist eigentlich Swell und was unterscheidet ihn vom englischen Wort „Wave“ für Welle? Das ist in etwa so: Ein Swell entsteht weit draußen auf dem Meer, wo die Wasseroberfläche durch starken Wind, oder einen Sturm aufgewühlt wird. Die Wellen dieses Swells sind größer und länger als örtlich aufgeblasene Wellen, welche man Wind Waves oder Wind Swell nennt. Oft wandern sie tausende Kilometer über das offene Meer, bevor sie irgendwo am Ufer brechen. Der Vorteil eines echten Swells gegenüber einem Wind Swell liegt neben der größeren Kraft der Wellen darin, dass der Wind, der ihn erzeugt hat längst vorrüber ist, während Wind Swell meistens von ungünstigen Onshore Wind (also Wind, der Richtung Land bläst) begleitet wird. Deshalb sind Regionen, mit einer Küste, die offen zu einem großen Ozean liegen, auch besser zum Surfen geeignet, während man in kleineren Meeren, wie dem Mittelmeer oder der Nordsee nur selten kraftvolle Wellen bekommt.

Magicseaweed Surf Forecast – die wichtigsten Daten

Kommen wir nun zu dem, was ich oben „Kerndaten“ getauft habe. Diese betreffen den Ground Swell und den Wind. Ground Swell? Was ist das denn schon wieder? Der Ground Swell beschreibt die Wellen auf dem offenen Meer, bevor sie sich flachem Gewässer nähern, wo durch den niedrigen Meeresboden eine Kompression entsteht und sich die Höhe (bei einer Welle streng physikalisch Amplitude genannt) vergrößert und die Wellenlänge verkürzen kann. Wie sich diese Veränderungen äußern, hängt von der Beschaffenheit des Meeresbodens in Ufernähe ab. Daher verursacht der gleiche Ground Swell an unterschiedlichen Spots auch unterschiedliche Wellen.

Swell Daten im Surf Forecast

Um einen Ground Swell zu beschreiben benötigt man 3 Größen:

  • Größe/ Höhe: Wird in Fuß oder Meter gemessen. Sie entspricht der Amplitude einer Welle, vom Wellental bis Wellenspitze. Größerer Ground Swell erzeugt natürlich auch größere Wellen.
  • Periode: Wird in Sekunden gemessen. Die Periode des Ground Swell hat auf die Größe der brechenden Wellen fast genauso viel Einfluss wie seine Höhe. Sie entspricht der Wellenlänge geteilt durch die Wellengeschwindigkeit. Wenn eine Welle länger ist, bewegt sie entsprechend mehr Wasser, was sich in ihrer Kraft widerspiegelt und der Größe, welche sie beim Brechen entwickelt. Alles unter 10s ist eher kurz und wahrscheinlich Wind-Swell, der in Küstennähe entstanden ist.
  • Richtung: Wie groß und kraftvoll eine Welle bricht, hängt stark von Ihrer Richtung relativ zum Ufer ab. Am größten wird sie, wenn die Richtung des Ground Swell genau im rechten Winkel zum Ufer ist. Steht sie dagegen z.B. in einem Winkel von 45°, entfaltet sie deutlich weniger Kraft. Wenn die Vorhersage große Wellen verspricht, macht es deshalb Sinn einen Spot aufzusuchen, der etwas von der Swell-Richtung abgewandt ist. Ein weiterer Einflussfaktor kann sein, dass ein Spot durch eine Landzunge von einem Swell aus einer bestimmten Richtung abgeschirmt ist.

Wind Daten im Surf Forecast

Neben den Swell-Daten, gibt es noch zwei weitere wichtige Größen, welche den Wind betreffen.

  • Windrichtung: Zur Windrichtung lässt sich sagen, dass diese möglichst ablandig(offshore) sein sollte und möglichst nicht auflandig (onshore). Durch Onshore-Wind werden Wellen fett und verlieren Kraft, weil der Wind sie förmlich runter drückt. Oft sieht es dann so aus, als würden sie jeden Moment brechen, nur um es dann doch nicht zu tun. Bei Offshore-Wind werden sie dagegen beim Brechen aufgebaut und brechen hohl und oft sehr schön, wie man es aus Surfvideos kennt. Wind quer zu den Wellen kann einen negativen Einfluss haben, wenn er zu stark wird, dieser ist aber nicht ganz so schlimm wie Onshore-Wind.
  • Windgeschwindigkeit: Auch die Windgeschwindigkeit hat große Bedeutung. Die Faustregel ist, dass wenig Wind immer gut ist, während starker Wind für schlechte Bedingungen sorgt. Ist ein Wind nur leicht, erlaubt er es denn Wellen, selbst wenn er onshore bläst, noch ordentlich zu brechen. Ein starker Offshore-Wind kann das Surfen unmöglich machen. Die Wellen werden dadruch regelrecht gebremst und dein Board bietet eine super Angriffsfläche, so dass du mehr oder weniger von der Welle geblasen wirst. Die Sicht wird durch die aufgeblasene Gischt beim Anpaddeln einer Welle ebenso stark behindert.

Leichter Offshore-Wind lässt Wellen schön und hohl brechen.

Diese 5 Größen sind im Prinzip alles was du brauchst, um eine Vorhersage einzuschätzen. Die Anbieter von Surf Forecasts bieten immer mehr Daten. Diese basieren jedoch meist auf diesen Kerndaten. Magicseaweed gibt seit einiger Zeit auch eine Schätzung der Größe der brechenden Wellen an. Meiner Erfahrung nach ist das jedoch nicht wirklich akkurat, insbesondere weil die Magicseaweed-Spots teilweise mehrere benachbarte Spots beinhalten und es nicht klar ist, welcher gemeint ist. Außerdem gibt es eine Bewertung des Swells von 0 bis 5 Sternen. Meiner Einschätzung nach wird dabei tatsächlich nur der Swell und keine anderen Daten einbezogen, weshalb die Aussagekraft hier ebenfalls eher mäßig ist. Mit einiger Übung könnt ihr selbst deutlich besser einschätzen, ob euch ein guter Surf erwartet.

Tiden/ Gezeiten

Die meisten Surf Forecasts geben auch die Gezeiten an. Diese sind jedoch durch statische Modelle Jahre im voraus vorhersagbar. Gezeitentabellen in gedruckter Form bekommst du oft kostenlos in Surfshops. Die Gezeiten hängen von der Mondphase und der Stellung der Erde zur Sonne ab. Es verändert sich sowohl die Tageszeit, an der Ebbe und Flut herrschen, als auch der Tidenhub, also die Differenz des Wasserstandes zwischen Ebbe und Flut. Zu welchem Wasserstand ein Spot am Besten funktioniert, ist von Spot zu Spot verschieden. Das Thema ist durchaus einen eigenen Artikel wert, deshalb will ich hier nicht tiefer ins Detail gehen.

Vorgehensweise zur Surfprognose

Um aus den o.g. Daten in einem Surf Forecast eine Abschätzung zu machen, ob und wo der Surf lohnt, kann man wie folgt vorgehen:

  • Finde heraus, wie der Spot, oder die in Frage kommenden Spots ausgerichtet sind (Magicseaweed Spotguide oder Google Maps).
  • Vergleiche die Swell-Richtung mit der Ausrichtung des Spots: trifft der Swell direkt auf den Spot?
  • Betrachte Swell-Größe und Periode. Wenn der Swell direkt auf den Spot trifft, werden sie brechenden Wellen deutlich größer als der angegebene Ground-Swell, wenn er in einem flachen Winkel ankommt, deutlich kleiner.
  • Wie steht der Wind zur Ausrichtung des Spots und wie stark ist er?

Wellenvorhersage mit Magicseaweed: Ein Beispiel

Angenommen du willst abends eine Session einlegen und betrachtest die Daten deieses Surf Forecasts für 6 Uhr Abends. Mit 13 Fuß und 14s erwartet dich ein massiver Swell aus Nord-West Richtung. Hier macht es Sinn, sich einen Spot zu suchen, der von der Swell-Richtung abgewandt ist, z.B. mit Süd-West Ausrichtung. Der Wind bläst auch relativ ordentlich aus Nord-West Richtung. Ein ungeschützter Spot in Süd-West Ausrichtung würde sehr wahrscheinlich zerblasen. An diesem Tag wird es sicher nicht einfach einen Spot zu finden. Du solltest nach einer Bucht mit Süd-West, oder sogar Süd Ausrichtung suchen, die auf der West-Seite geschützt ist, z.B. durch einen Hügel oder eine Klippe.

Wie alles im Leben erfordert das Ganze etwas Übung und Erfahrung, aber wenn du die Grundlagen kennst, kommst du recht schnell dahinter.

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Author: Cheryll Lueilwitz

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